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Ein Wortjongleur in Henfenfeld - "Wer bin ich und wo könnte ich sonst noch sein?" Drucken E-Mail
Geschrieben von Administrator   

Kabarettist Piet Klocke in der Sporthalle

HENFENFELD - Er ist ein Meister des unvollendeten Satzes und ebenso geschickt darin, die Zuhörer ihren eigenen Reim auf das fehlende Satzende machen zu lassen - zum Gaudium aller. 

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Kabarettist Piet Klocke ließ in der Henfenfelder Sporthalle ein funkelndes Wortfeuerwerk zünden und bescherte seinem Publikum viele heitere Momente. Reinhold Heinrich und sein engagierter Sport- und Kulturverein hatten dieses Jahr bereits die Nockherberg-Bavaria Luise Kinseher gewinnen können (die HZ berichtete). Nun bestieg mit Piet Klocke nur einen Tag nach seinem Auftritt bei „Ottis Schlachthof“ der Oberlehrer der Fernsehnation sein Katheder. Lange Jahre als Film- und Fernsehmusiker tätig, gelang dem Quasselkasper aus dem Ruhrgebiet der Durchbruch mit Sätzen, die nie an ihr Ende geführt werden.

Jegliche akademische Behäbigkeit, die von einem zerstreuten Professor zu erwarten wäre, löst sich in dem Moment in Luft auf, in dem sich Klocke hinter sein Pult auf der Bühne klemmt.

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Mit unbändigem Temperament wirft er seine Schneider-Böck-langen Arme in die Luft, umklammert sein Redepult, fixiert sein Publikum unter ergrauten, buschigen Augenbrauen, schlägt sich an die Stirn und rauft sich den flammend rot gefärbten Haarschopf. Ein Tour de Force -Ritt erwartet die Zuhörer auch bei der Themenwahl: Piet Klocke hangelt sich durch sein Privatleben, kanzelt die Deutsche Bahn ebenso ab wie das Internet und unfähige Verkehrsteilnehmer, führt durch eine kurze Geschichte der Emanzipation und landet am Ende bei der, die an allem schuld ist: der Evolution.

„Von der hätte ich gerne mal die Telefonnummer, von der Evolution“, nörgelt Klocke. Denn die Evolution lasse immer alles einfach so laufen und kümmere sich um nichts. Und wenn man von Design keine Ahnung habe, solle man eben die Finger davon lassen, man denke da nur an die Qualle. Selbst Gott, mit dem er letzthin gesprochen habe, sei froh, dass in dieses Programm die Evolution nicht aufgenommen worden sei.

Klocke kann natürlich auch in ganzen Sätzen. Todernst verliest er die (fiktiven?) Entschuldigungen straffällig gewordener Verkehrssünder: „Schon bevor ich ihn anfuhr, war ich überzeugt, dass dieser Mann nie die andere Straßenseite erreichen würde.“

Doch am liebsten folgt ihm seine Anhängerschar auf den verschlungenen Pfaden halber und dreiviertel langer Sätze, auch wenn sie sich dort ebenso verheddern wie deren Schöpfer und die Sackgasse zum erklärten Bestimmungsort der Wortreise wird. Klocke zeigt überzeugend auf, dass es überhaupt nicht nötig ist, Sätze zu Ende zu bringen: Ihr Schluss entsteht wie von selbst in den Köpfen der Anwesenden und sorgt dort punktgenau für selbsterdachte Heiterkeit.

So führt Piet Klocke auch die ausgefeilten Wortgebilde professioneller Vielredner ad absurdum: Das geht auch sparsamer! Seine eigenartige und einzigartige Sprechweise sei letztlich entstanden, weil er sich für die zweite Hälfte des zu Sagenden geschämt habe.

Außerdem rühmt er sich einer Lebenspartnerin, die mühelos ergänzt, was bei ihm noch in der Luft hängt. Viele seiner Erfindungen, wie etwa die Unterwäsche aus Papier, die man, falls schmutzig, direkt in die Wäscherei faxen kann, werden es nie bis zum Patent schaffen.

Auch sein Seminar für Damen der Hamburger Amüsiermeile „Höhepunkte in Knetgummi“ war nicht von Erfolg gekrönt. Klockes Rat an die Nutzer der Deutschen Bahn, einfach auch mal dort anzurufen und anzukündigen: „Ich komm heut mal ein Viertelstündchen später!“, dürfte den Berufspendler nicht viel weiterbringen. Die Anhänger des valentinesken Redekünstlers werden trotzdem dafür sorgen, dass Piet Klocke seine Miete, diese „dumme Einrichtung“, weiterhin bezahlen kann. Auch durch den Kauf des aktuellen Buches „Kann ich hier mal eine Sache zu Ende?“.klocke3.jpg

Keine Angst, auch wenn man dies nach dem Programm in Henfenfeld erwarten könnte, es ist nicht die zweite Hälfte der Seiten darin leer geblieben! Eins tut der Satzexekutor Klocke nämlich nie: „Seinen Scheffel hinters Licht führen“.

Ute Scharrer


 
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