HENFENFELD - Der Schnellstarter der fränkischen Kabarettszene, Matthias
Egersdörfer, bescherte dem SV Henfenfeld mal wieder einen vollen Saal.
Über 450 Fans aus dem ganzen Landkreis, darunter viel junges Publikum, wollten
den aus Lauf stammenden Comedian erleben. „Der meint es doch nur gut“, so sein
Programmtitel, zeigt aber einen gehörigen Grant, manch Gruseliges und mitunter
sogar gute Laune.
Matthias Egersdörfer, der Griesgram mit seinen zu den langen
Koteletten hinuntergezogenen Mundwinkeln? Nein. Der Franke mit der Wampe kann
schön grinsen, wenn ihm seine eigenen Gags gefallen. Und er kann richtig
charmant sein, zum Beispiel wenn dem gebürtigen Laufer beim Heimspiel in
Henfenfeld die einstige Tanzstundenpartnerin aus der Tanzschule Steinlein über
den Weg läuft. Und weil es eine Gaudi ist, hat Egersdörfer als Stimmungsanheizer
gleich noch die 30-köpfige Marching-Band aus Lauf mitgebracht, die mit ihren
Pauken und Trompeten die Bühne des SV Henfenfeld eindeutig sprengt.
Der Kabarettist selbst kommt mit einer Flasche Wasser und dem
Mikro am Kopf aus. Er braucht keine Requisiten, muss nicht rumturnen oder
hantieren, seine Geschichten und Figuren gewinnen Fahrt und Farbe im Kopf des
Zuschauers. Da liegt die Stärke des Entertainers, der in wenigen Jahren u.a. das
Passauer Scharfrichterbeil, den Hamburger Comedy-Pokal und das Nürnberger
Kulturstipendium einheimste: So schnell wie aus dem hilflosen Kampf mit dem
5-Cent-Fön im Hallenbad eine Grundsatzbetrachtung zu Kundennepp, Körperkultur
und Fitness-Wahn wird, so fix gewinnen auch seine Figuren an Gestalt. Und ebenso
unerwartet wird aus dem grantelnden Erzähler ein explosiver Choleriker, der
seinen Hass auf Bademeister und Cent-Fuchser ins Publikum knallt: „Aber, wenn
Sie jetzt glauben, ich möcht die 5-Cent-Föns abschaffen, dann liegen Sie falsch.
Ich will mich nur aufregen.“
Egersdörfers Figuren sind von trauriger Gestalt, ziemlich
erfolglos — aber leicht erregbar. Am Ende einer gescheiterten Bahnfahrt, als
sich seine Wut auf das unzuverlässige Unternehmen in einer Protestzigarette zwei
Meter neben dem gelben Raucher-Viereck am Bahnsteig entlädt, taucht ein kleines
Männchen auf, das den Looser aufklärt: „Egersdörfer, du bist eben Kategorie B
und nicht A.“ Und das geht schon das ganze Leben so — vom Misserfolg bei den
Bundesjugendspielen über die matschigen Pfirsiche im Supermarkt bis zum
verlorenen Duell mit der Biene im Bad. Das Insekt war ebenso schlecht gelaunt
wie der Schwimmer — und sticht zu.
Weil der Abend mit den traumatischen Erlebnissen des ersten
Schultags losgeht, weiß man bald, wo dieser Comedian herkommt: Als sich die
Kumpels in der Turn-Umkleide über seine von der Mutter aufgezwungenen
Strumpfhosen lustig machten, entwickelte der kleine Matthias das zur ersten
Lachnummer: „Meine Klassenkameraden waren mein Publikum.“
Wo aber will der in wenigen Jahren zum Star Gewordene hin?
Denn neben unglaublich fantasiereichen Nummern über Tücken des Alltags und
Marotten der Mitmenschen sowie manchen fast philosophischen Ausflügen zu Kirche,
Himmel und Hölle muss es bei Egersdörfer immer wieder „untenrum“ krachen. Die
Lüste unter der Gürtellinie werden ebenso zotig abgehandelt wie die Tiefen
anderer Körperöffnungen. Übers „Bubbeln“ beim Bahnfahren kann er sich ebenso
auslassen wie über unapetittliche Männer-Unterhosen. Das muss man mögen, und vor
allem das junge Comedy-Publikum setzt da seine Lacher.
Aber nicht nur die Klassenkameraden des 41-Jährigen sind der
Pubertät mittlerweile entwachsen. Und das Überschreiten der Ekelschwelle ist im
Internet-Zeitalter kein echter Tabubruch mehr, sondern schmälert den Glanz der
skurrilen und bösen Nummern.Walter Grzesiek
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